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Bedeutungsverschiebung innerhalb von Synonympaaren
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marcm200
3f
Dabei seit: 23.07.2022
Beiträge: 1.133
Spiel-Beiträge: 72
2. Experte: TKKG
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Bedeutungsverschiebung innerhalb von Synonympaaren |
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In der letzten Zeit ist mir beim (unbewussten) Vergleich von Romanheften (Jerry Cotton, Kommissar X) verschiedenen Erscheinungsdatums aufgefallen, dass sich manche Wortpaare in ihrer Bedeutung im Laufe der Zeit "seltsam" verändert haben.
Gibt es das auch in Hörspielen, vielleicht in alten "Edgar Wallace"-Hörspielen im Vergleich zu heutigen "Die drei !!!" ? Oder innerhalb einer Serie ? Bei Tkkg ist mir jetzt auf den ersten Blick nichts in Erinnerung.
Beispiele
anfangen - beginnen
In alten JC-Romane (habe leider keine Quellenangabe notiert) wird "beginnen" auch im Sinne von "habe keine Ahnung/Verwendungsmöglichkeit" genutzt: "Ich kann damit nichts beginnen." Ich kannte das nur als Zweitbedeutung von "anfangen". Und die Bedeutung "starten" haben beide damals wie heute.
Irgendwann muss sich da bei "beginnen" dann eine Bedeutung durchgesetzt haben.
überblicken - übersehen
Für mich heute ganz klar: beim ersten Verb sieht man alles, beim zweiten nichts
Aber es gibt auch den Satz: "Von der Sprechzelle aus konnte sie die Bar Chez Annabelle übersehen." (Jerry Cotton Nr. 1097)
Sehr mysteriös. Wobei es eigentlich ja auch Sinn macht, dass überblicken und übersehen das gleiche bedeuten (ich habe allerdings nicht überprüft, ob "überblicken" damals auch in diesem Sinne verwendet wird).
abschreiben - absagen
Privatdetektiv Jo Walker (Kommissar X) muss einigen potentiellen Kunden absagen, da er keine Zeit hat, weitere Aufträge anzunehmen. Er tut das schriftlich - und demzufolge "schreibt er ab", was m.E. völlig logisch ist und sogar genauer als heutzutage. Irgendwann hat sich dann das allgemeinere "absagen" durchgesetzt - zumindest war "abschreiben" in dieser Bedeutung nie in meinem passiven oder aktiven Wortschatz enthalten.
Ob es damals auch "abtelefonieren" gab oder heute "abtwittern" ?
Und, auch wenn es eigentlich nicht hierher gehört:
Strümpfe - Socken
Ganz amüsant, der frühe Jerry Cotton macht sich "auf die Strümpfe", der spätere "auf die Socken". Warum sich das geändert hat?
Oder sind das nur persönliche Beobachtungen meinerseits - und es hat vielleicht gar nichts mit der Zeit zu tun, sondern unterschiedlichen Autoren?
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08.03.2024 10:22
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08.03.2024 10:25
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Myrath
Bösi McEvil
Dabei seit: 02.08.2022
Beiträge: 3.599
Spiel-Beiträge: 205
1. Experte: Die drei ???
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Interessanter Beispiele
Ich habe früher ja auch gerne Romanhefte gelesen, mittlerweile aber überhaupt nicht mehr. (Viellleicht sollte ich mal wieder?
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Was mir aber aus der Erinnerung sofort präsent wird, ist die Tatsache, dass Romanheftautoren oft sprachlich nicht so geschliffen sind wie andere Schriftsteller (oder dass für das Lektorat dort weniger Aufwand betrieben wird, aus Kostengründen?) und dass als Folge in den Romanheften oft sprachliche Idiosynkrasien der jeweiligen Autoren viel deutlicher auftreten.
Das soll keine Herabwertung sein, ich finde Romanhefte toll und sie haben einen eigenen Platz. Außerdem dürfte es imho gerne wieder mehr davon geben...
Aber zum Beispiel bei John Sinclair: Die Formulierung "nur mehr" konnte ich nach einiger Zeit nicht mehr sehen
Gesetzt dort, wo heute eigentlich 'mittlerweile' hingehören würde. Auch wenn es nicht ganz dasselbe ist, was ich damit sagen will: Ja, Bedeutungen von Wörtern und deren Verwendung ändern sich, aber gerade bei Romanheften kann es auch an anderen Faktoren liegen.
Mir fällt auch das Perry-Rhodan-typische "desaktivieren" ein, wo man überall sonst eher "deaktivieren" findet.
Konkrete Beispiele wie die obigen fallen mir gerade nicht ein, aber ich weiß, was du meinst
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08.03.2024 10:40
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08.03.2024 10:41
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Schon komisch, dass "überblicken" und "übersehen" gegenteilige Bedeutung haben.
Oder ist "Blicken" aktiver als "Sehen"? Also "Blicken" = genau hinsehen, "Sehen" = zufällig mit den Augen wahrnehmen, mglw. ohne dass es ins Bewusstsein vordringt?
Dabei fällt mir dann auch gleich die von Anna aus der Hollywoodschaukel im Deutschen m.E. falsch gebrauchte Wendung "überhören" auf. Für mich ist "Überhören" wie "Übersehen" - nicht bewusst wahrnehmen. Und eben nicht, wie Anna es oft meinte "zufällig mitkriegen, ohne aktiv zu lauschen"
Würde m.E. dem gleichen Prinzip folgen: "Lauschen" ist aktiver als "Hören"
Trotzdem heißt es ja nicht "Überlauschen", sondern "Belauschen", wenn es aktiv passiert. Und für das eher passive, zufällige Mitkriegen gibt es kein eigenes Wort, oder?
Aber die deutsche Sprache ist nun mal komisch. Paradebeispiel: "Umfahren"
UM-fahren - danach liegt der Pfosten flach auf der Straße
oder Um-FAHREN - schön langsam drumrumfahren.
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08.03.2024 10:42
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MihaiEftimin
Ikonenjäger mit Waffenschein
Dabei seit: 26.04.2021
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Herkunft: Westfalen
1. Experte: Die drei ???
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3. Experte: Die drei !!!
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Könnte "übersehen" im Sinne von "überblicken" ein Anglizismus ("to oversee") sein? Jedenfalls meint der Begriff für mich auch eher das Gegenteil. Das könnte auch Annas Falschverwendung von "überhören" erklären; sie hat sich vielleicht einfach zusehr ans Englische gewöhnt und benutzt "überhören" im Deutschen halt im Sinne von "zufällig etwas mitbekommen", wie es im Englischen korrekt wäre ("to overhear").
Anfangen ... hier mal ein Fun Fact: Hier in OWL sagt man "ich BIN angefangen", statt "ich HABE angefangem". Ist halt echt ein westfälisches Ding. Lebt damit.
Mit den Süddeutschen unter euch kommen wir ja auch zurecht, auch wenn ihr "gesessen seid" und nicht vernünftigerweise "gesessen habt".
Manches ist halt einfach regional. Wolf/Kalmuczak hat bei TKKG ohne Ende Regionalismen eingebaut, z.B. "Bussi" oder "Semmel". Beschwer ich mich als Nordrhein-Wandale auch nicht drüber.
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08.03.2024 11:00
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08.03.2024 11:07
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Myrath
Bösi McEvil
Dabei seit: 02.08.2022
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Zitat von Peters_kl._Schwester: |
Aber die deutsche Sprache ist nun mal komisch. Paradebeispiel: "Umfahren"
UM-fahren - danach liegt der Pfosten flach auf der Straße
oder Um-FAHREN - schön langsam drumrumfahren.
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Wie wär's mit 'Untiefe'? Bezeichnet eine sehr tiefe Stelle. Oder eine sehr flache Stelle
Zitat: |
Und für das eher passive, zufällige Mitkriegen gibt es kein eigenes Wort, oder? Kratzend |
'Aufschnappen', 'Mitkriegen', 'zufällig hören' hätte ich benutzt.
Zitat von MihaiEftimin: | Könnte "übersehen" im Sinne von "überblicken" ein Anglizismus ("to oversee") sein? Jedenfalls meint der Begriff für mich auch eher das Gegenteil. Das könnte auch Annas Falschverwendung von "überhören" erklären; sie hat sich vielleicht einfach zusehr ans Englische gewöhnt und benutzt "überhören" im Deutschen halt im Sinne von "zufällig etwas mitbekommen", wie es im Englischen korrekt wäre ("to overhear"). |
Hatte ich auch sofort im Verdacht. Bei mir schleichen sich auch viele Anglizismen ein... dabei achte ich tunlichst darauf, nicht in BWL-Sprech oder post-Generation-Z-Denglisch zu verfallen (Wir müssen den market disrupten um die low hanging fruits zu harvesten, nach dem dog eat dog principle / random sus digga, really?)
Aber Satzbau, Zeichensetzung und Redewendungen... guilty
Zitat von MihaiEftimin: |
Anfangen ... hier mal ein Fun Fact: Hier in OWL sagt man "ich BIN angefangen", statt "ich HABE angefangem". |
Bei uns sagt man: "Geh' mal um das Haus drum zu." Noch Fragen? 😅
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08.03.2024 11:24
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08.03.2024 11:26
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MihaiEftimin
Ikonenjäger mit Waffenschein
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@Myrath Weißt du, was sich bei mir noch einschleicht? "Jebo ti pas mater." Das ist Jugo und bedeutet: "Ich wünsche dir einen schönen Tag."
Und Einfluss der englischen Sprache ... I wouldn't call myself guilty, but well ... I MIGHT be fucked ...
Oder in meiner Muttersprache: Dat gaat nech gaut, aver dat saaht ook nech gaut uut, säch ik mol.
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08.03.2024 16:38
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08.03.2024 20:40
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Myrath
Bösi McEvil
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Zitat von MihaiEftimin: | @Myrath Weißt du, was sich bei mir noch einschleicht? "Jebo ti pas mater." Das ist Jugo und bedeutet: "Ich wünsche dir einen schönen Tag."
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Okay, meine vermutete Übersetzung lag doch noch ein paar Grade unterhalb der Realität 😅
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08.03.2024 21:05
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08.03.2024 21:07
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MihaiEftimin
Ikonenjäger mit Waffenschein
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Zitat von Myrath: |
Okay, meine vermutete Übersetzung lag doch noch ein paar Grade unterhalb der Realität 😅 |
Ja, 'tschuldigung, Osteuropa hat nicht den besten Einfluss auf mein Vokabular.
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08.03.2024 21:18
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Murphy
Nanu, warum steht hier kein Text?
Dabei seit: 21.04.2021
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Ein interessanter neuer Thread.
Teilweise geht es hier um Januswörter.
Ein weiteres Beispiel wäre "umfahren".
Bei "Socken" fällt mir das Zitat ein: " Du hast doch ein Sockenschuss durch die Rübe"
__________________ Nennen Sie mich einen Verschwörungstheoretiker, aber ich behaupte, dass Louis Armstrong nie auf dem Mond war!
Romeo und Julia treffen sich. Julia fragt Romeo: "Was machen wir heute Abend?"
Darauf antwortet Romeo: "Ich richte mich nach dir!"
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09.03.2024 09:14
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09.03.2024 09:16
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Quadro
Frechdachs
Dabei seit: 12.08.2010
Beiträge: 7.103
Spiel-Beiträge: 5147
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RE: Bedeutungsverschiebung innerhalb von Synonympaaren |
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Zitat von marcm200: | Wobei es eigentlich ja auch Sinn macht, dass überblicken und übersehen das gleiche bedeuten |
In diesem Sinne sei gleich mal eingeworfen, dass etwas nur Sinn ergeben, aber nie machen kann.
Zitat von marcm200: | abschreiben - absagen
Privatdetektiv Jo Walker (Kommissar X) muss einigen potentiellen Kunden absagen, da er keine Zeit hat, weitere Aufträge anzunehmen. |
Beim Zusagen ist es übrigens ganz ähnlich. Der Arzt sagt einem Termin zu. Ein anderer tanzt zu einem Song, weil er ihm zusagt.
Jetzt könnte man natürlich diskutieren, ob man nicht gerade deshalb einander zusagt, weil einem der andere menschlich "zusagt". Jedoch kommt es ja auch zu Terminen, die man gar nicht mag, ihnen aber trotzdem zusagt.
Auf jeden Fall kuhler Thread.
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09.03.2024 12:37
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MihaiEftimin
Ikonenjäger mit Waffenschein
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RE: Bedeutungsverschiebung innerhalb von Synonympaaren |
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Zitat von Quadro: | Zitat von marcm200: | Wobei es eigentlich ja auch Sinn macht, dass überblicken und übersehen das gleiche bedeuten |
In diesem Sinne sei gleich mal eingeworfen, dass etwas nur Sinn ergeben, aber nie machen kann.
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Alles kann viel machen. Riecht nur meistens nicht sehr lecker.
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09.03.2024 13:26
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Myrath
Bösi McEvil
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RE: Bedeutungsverschiebung innerhalb von Synonympaaren |
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Zitat von MihaiEftimin: | Zitat von Quadro: | Zitat von marcm200: | Wobei es eigentlich ja auch Sinn macht, dass überblicken und übersehen das gleiche bedeuten |
In diesem Sinne sei gleich mal eingeworfen, dass etwas nur Sinn ergeben, aber nie machen kann.
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Alles kann viel machen. Riecht nur meistens nicht sehr lecker.
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Vor allem in England!
Moment... Kontext... also, die Redewendung
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09.03.2024 14:18
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