Kleine Anekdote dazu, weil es gerade hier in die Diskussion passt, wenn auch nicht direkt etwas mit diesem Hörspiel zu tun hat
Ich habe mal in einer deutschen Großstadt auf einem Flohmarkt einen Stand mit umgeschriebenen, "an die heutige Zeit angepassten" Märchenbüchern gesehen. Die (wirklich sehr schönen Illustrationen) haben die Märchenfiguren kulturell deutlich vielfältiger dargestellt, als es standardmäßig der Fall ist (z.B. gab es eine PoC Rapunzel, wenn ich mich richtig erinnere). Inhaltlich wurden die Geschichten aber auch "angepasst". Zum Beispiel wollte bei "Schneewittchen" die böse Königin nicht die Schönste im ganzen Land sein, sondern die Mutigste. Und Schneewittchen war aber tausendmal mutiger als sie. Am Ende wurde Schneewittchen auch nicht vom Prinz wach geküsst, sondern irgendwie anders vom Schlaf-Fluch geheilt. Als Strafe für die böse Königin zerbrach ihr heißgeliebter Spiegel in tausend Scherben.
Ich verstehe zwar den Ansatz dahinter, dass man kleinen Mädchen lieber beibringen will, dass Mut eine wichtigere Eigenschaft ist als Schönheit, aber dafür hätte man das Märchen nicht komplett umschreiben müssen. Schneewittchen könnte auch so mutig und hilfsbereit dargestellt werden. Vor allem hat man gemerkt, dass die Änderungen nicht zu Ende gedacht waren: Wenn die Königin nicht mehr besonders schön, sondern mutig sein will, warum befragt sie dann immer noch einen Spiegel, ein Zeichen für Narzissmus? Und warum ist es für sie eine Strafe, wenn der Spiegel am Ende zerbricht?
Wie gesagt, ich verstehe den Grundgedanken, aber manchmal ist es dann halt wirklich besser, man schreibt etwas ganz neues.